Diagnostik und Therapie des Carpaltunnelsyndroms
Typische Beschwerden eines Carpaltunnelsyndroms
Besonders typisch für diese Krankheit sind ein nächtliches Einschlafen der Hände und eine morgendliche Steifigkeit der Hände. Taubheitsgefühle treten vor allem im Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger auf. Häufig kommt es zu einem erstmaligen Auftreten oder einer Verschlimmerung der Beschwerden nach starker Belastung der Hände durch Renovierungsarbeiten, Fahrradfahren, und Handarbeiten. Wenn die Krankheit bereits längere Zeit besteht, reichen oft schon das Hochhalten einer Zeitung oder eines Buchs aus, um die Hände zum Einschlafen zu bringen. Vor allem nachts ist das Einschlafen der Hände oft von quälenden sehr schmerzhaften Missempfindungen begleitet. Es gibt aber auch Einzelfälle, bei denen neben dem Einschlafen und einer Schwäche der Muskulatur keinerlei Schmerzen berichtet werden. Eine Kraftminderung zeigt sich vor allem im Bereich der Daumenmuskulatur mit der Folge, dass häufig Gegenstände aus den Händen fallen. Sehr häufig treten die Beschwerden – zumindest im weiteren Krankheitsverlauf – beidseitig auf.
Wenn einzelne oder mehrere der oben genannten Beschwerden auftreten, sollte man sich von einem Neurologen untersuchen lassen.
Anhand der Angaben des Patienten, des neurologischen Befunds und mittels einer ergänzenden Messung der Nervenleitfähigkeit (ENG) ist es in den meisten Fällen möglich, bereits bei der ersten Untersuchung eindeutig herauszufinden, ob es sich um ein Carpaltunnelsyndrom oder um eine andere neurologische Störung handelt. Die Suche nach den individuellen Ursachen, insbesondere die Abklärung, ob andere Krankheiten das Carpaltunnelsyndrom verursacht haben, kann in Einzelfällen etwas länger dauern.
Was sind die möglichen Ursachen eines Carpaltunnelsyndroms?
- Genetische Veranlagung.
- Häufige Druckausübung auf den Carpaltunnel zum Beispiel durch:
- Handarbeiten, handwerkliche Tätigkeiten, langzeitige Benutzung von Tastatur und PC-Maus am Computer, Fahrradfahren.
- Eine Unterfunktion der Schilddrüse.
- Ein vorausgegangener Bruch des distalen Unterarms oder des Handgelenks. Manchmal reicht auch eine Überdehnung des Handgelenks im Rahmen eines Sturzes oder beim auffangen eines sehr schweren Gegenstands aus.
- Rheumatische Veränderungen der Handgelenksknochen.
Ist das Carpaltunnelsyndrom eine Erbkrankheit?
Was ist der Carpaltunnel?
Durch diesen Tunnel verlaufen der Nervus medianus und die Sehnen der Fingerbeugemuskeln. Was ist ein Carpaltunnelsyndrom?
Beim Carpaltunnelsyndrom kommt es entweder zu einer Verengung des Tunnels durch Veränderungen der Handgelenksknochen und/oder zu einer Anschwellung des Nervus medianus oder der Fingerbeugesehnen. Jede dieser Ursachen sorgt dafür, dass auf den Nervus medianus in diesem Bereich zu viel Druck ausgeübt wird.
Welche Schweregrade gibt es?
- Leichtgradiges Carpaltunnelsyndrom Die Schmerzfasern im Nervus medianus, sowie die Nervenfasern, über die das Gefühl von Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger und der Hälfte des Ringfingers sowie die Kraft eines Teils der Daumenmuskulatur beeinflusst werden, stehen unter einem so schwach ausgeprägten Druck, dass nur bei bestimmten Belastungen die typischen Symptome auftreten.Die Nervenfasern stehen unter einem zu hohen Druck und können deshalb zeitweise nicht normal funktionieren. Es ist aber noch nicht zu einer dauerhaften Zerquetschung einzelner Nervenfasern gekommen.
- Schwergradiges Carpaltunnelsyndrom Die Schmerzfasern im Nervus medianus, sowie die Nervenfasern, über die das Gefühl von Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger und der Hälfte des Ringfingers sowie die Kraft eines Teils der Daumenmuskulatur beeinflusst werden, stehen unter einem so stark ausgeprägten Druck, dass ständig die typischen Symptome auftreten, mit Zunahme bei oder nach bestimmten Belastungen. Oft liegen ständige Taubheitsgefühle und/oder eine Kraftminderung des Daumens vor.Ein Teil der Nervenfasern ist durch die zu hohe Druckauswirkung zerstört worden. Es besteht noch die Möglichkeit, dass Teile der zerstörten Nervenfasern nachwachsen können, wenn rechtzeitig eine adäquate Behandlung erfolgt.
- Ausgebranntes Carpaltunnelsyndrom Die Zerquetschung von Nervenfasern ist so ausgeprägt, dass auch durch eine fachgerechte Behandlung nur noch eine geringgradige Besserung ermöglicht werden kann.
Wie wird ein Carpaltunnelsyndrom behandelt?
- Am wichtigsten ist die Vermeidung weiterer Druckausübungen, also eine vorübergehende Schonung der Hände.
- Beim Fahrradfahren sowie bei bestimmten Tätigkeiten bei denen harte Gegenstände ( z.B. Hammer oder Hanteln) festgehalten werden müssen, ist es sinnvoll spezielle Handschuhe zu tragen, die durch eingearbeitete Gelkissen den Druck auf die Bereiche neben dem Carpaltunnel verlagern.
- Ein Wechsel von der PC-Maus hin zu einem Trackball kann sinnvoll sein.
- Für die PC-Tastatur gibt es gepolsterte Leisten, die man vor die Tastatur legen kann, damit das Handgelenk nicht auf einer harten Kante oder Fläche aufliegt.
- Häufig lässt sich eine Heilung durch das nächtliche Tragen einer Carpaltunnelsyndrom-Bandage erreichen. Diese sorgt dafür, dass die Hand im Schlaf nicht abgeknickt wird. Bei abgeknickter Hand wird der Druck auf den Nervus medianus erhöht. In vielen Fällen können die Patienten bereits nach wenigen Nächten wieder normal durchschlafen, wenn sie die Bandage nachts konsequent tragen.
- Nur in den Fällen, in welchen eine solche Bandage nicht ausreichend hilft, oder in denen bereits bei der Erstuntersuchung durch den Neurologen erkennbar ist, dass Teile der Nervenfasern schon nachhaltig geschädigt worden sind, sollte eine Operation durchgeführt werden. Bei der Operation wird das beugeseitig den Carpaltunnel begrenzende retinaculum flexorum durchtrennt.
- Nach der Operation ist in manchen Fällen eine vorübergehende Ruhigstellung der Hand zu empfehlen und im Anschluss daran krankengymnastische Behandlungen, um einer übermäßigen Narbenbildung im Operationsgebiet entgegenzuwirken.
- Die Operation führt in den meisten Fällen zu einer raschen Besserung der Beschwerden. Es bestehen allerdings nach der Operation vorübergehend Beschwerden seitens der Operationswunde.
- Gegen die von manchen Ärzten propagierte Empfehlung, jedes Carpaltunnelsyndrom so rasch wie möglich zu operieren, sprechen die üblichen Risiken eines operativen Eingriffs und die Gefahr einer Verletzung des Nervus medianus im Rahmen der Operation.
- Eine meist nur vorübergehende Besserung ist auch erreichbar durch eine Behandlung mit Cortison. Allerdings ist insbesondere bei der Einspritzung des Cortisons in den Carpaltunnel ein so hohes Risiko gegeben, dass diese Behandlung mehr Schaden anrichtet als dass sie tatsächlich nützen würde.
Schlussbemerkung
Unabhängig von der Art der Therapie sollten regelmäßige neurologische Verlaufsuntersuchungen durchgeführt werden, bis die Erkrankung ausgeheilt ist, da immer die Gefahr besteht, dass es zu einem Fortschreiten der Erkrankung kommen kann, welche der Patient selbst nicht bemerkt, beispielsweise wenn die Schmerzfasern so stark geschädigt worden sind, dass der Patient keine Schmerzen mehr empfindet und dies als Besserung deutet. In Einzelfällen kann sich dann ein Carpaltunnelsyndrom mit anfangs noch günstiger Prognose unbemerkt in ein so schweres Carpaltunnelsyndrom verwandeln, dass dann auch eine Operation nur noch einen eingeschränkten Therapieerfolg bringen kann.